Wenn wir über Misshandlungen in einer Beziehung reden, denken wir zuerst an Veilchen und Knochenbrüche. Aber obwohl Übergriffigkeit sich oftmals bis hin zur physischen Gewalt auswächst, zeigen sich die Probleme zu Beginn einer Beziehung nicht so offensichtlich. Tatsächlich erscheinen Menschen mit einem Hang zur Unterdrückung am Anfang einer Partnerschaft charmant, aufmerksam und liebevoll. Aber es gibt Warnsignale, die uns helfen können, eine Beziehung voller Misstrauen frühzeitig zu erkennen - bevor es zu spät ist. Die folgende fiktive Geschichte zeigt den möglichen Verlauf einer solchen Beziehung auf dem Hintergrund der Erfahrungsberichte, die mir von Frauen anvertraut wurden:
Sie lernen sich kennen, er ist wunderbar und sie verliebt. Er erzählt ihr, dass er schon einige enttäuschende Beziehungen hinter sich hat - aber das will ja nichts heißen. Trotzdem ist er bald
bereit mit ihr zusammen zu ziehen und signalisiert: Du gehörst jetzt zu mir. Am Anfang, wenn die rosa Brille noch sitzt, klingt das sogar recht romatisch. Endlich angekommen. Wer braucht da noch
Freiheit?
Die beiden sind jetzt schon eine ganze Zeit zusammen und in die Beziehung ist der Alltag eingetreten. Letztens hat er sie "blöde Kuh" genannt, als ihr beim Kochen etwas nicht so perfekt gelungen ist. "Du kannst ja wohl gar nichts richtig machen!" Außerdem betitelt er sie manchmal mit beschämenden Begriffen - und sie weiß nie so Recht, ob das nun Spaß ist oder ob er das ernst meint. Einmal hat sie deswegen einen Streit angefangen. Da hat er sie böse angeschaut und eiskalt gesagt: "Wer bist du denn? Du bist doch nichts ohne mich." Kurz darauf hatte er sich allerdings entschuldigt und alles schien wieder gut.
Inzwischen hat es schon öfter Streit gegeben. Sie überlegt wirklich, ob sie das noch lange will. Doch seit neustem bekommt sie Angst. Er stellt sich ihr öfter in den Weg, macht sich breit und lässt sie nicht durch die Tür. Er hat seinen Spaß daran - aber ihr wird ganz komisch dabei. Sie fühlt sich klein. Als sie ihn hinterher zu Rede stellt, wird er ganz ruhig und erklärt ihr, dass er bereits länger das Gefühl hat, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Ihre Ängste seien ja schon pathologisch. Er habe auch öfter mit Freunden darüber gesprochen. Die sähen das ähnlich. Ihr bleibt fast die Spucke weg.
Sie hat sich daran gewöhnt ihn zu fragen, bevor sie etwas entscheidet. Er ist so kontrollierend, dass sie nurnoch da hingeht wo er will, damit er hinterher nicht wieder tausend Fragen stellt und es Streit gibt. Aber eigentlich gehen sie kaum noch weg. Neulich hatte er sie sogar darum gebeten, beruflich kürzer zu treten. Schließlich müsse er ihren Stress ja ausbaden, da sie wohl nichts auf die Reihe bekäme und abends nicht mal gekocht hätte. Andere Frauen könnten das ja wohl auch. Manchmal erkennt sie ihn nicht wieder. Aber das Aufstehen morgens fällt ihr tatsächlich immer schwerer. Vielleicht hat er ja Recht.
Es war nur eine Kleinigkeit. Irgend etwas hatte ihn genervt, ganz belanglos. Vorher war er mit Freunden noch was trinken gewesen und er roch ziemlich nach Alkohol. Sie war ans Handy gegangen und da ist er ausgerastet. Dieses Mal hat er sie richtig geschlagen. Nicht nur zur Seite gestoßen, wie vor einer Woche auf dem Flur. Da ist sie nicht schnell genug aus dem Weg gegangen und fast hingeflogen. Heute hat es richtig weh getan und sie weint in der Nacht. Am nächsten Morgen stehen Blumen in der Küche. Er entschuldigt sich, erklärt ihr aber in liebevollem Ton, dass sie ja selbst an allem Schuld sei. Warum hatte sie ihn auch so wütend gemacht. Da könne er doch gar nicht anders - schließlich sei das ein Zeichen seiner starken Gefühle. Er ist das Opfer! Sie versteht die Welt nicht mehr und weiß nicht, was sie machen soll. Irgendwie kann sie es ihm nie Recht machen. Dabei würde sie alles dafür tun, wenn er wieder so wäre wie früher. Sie schämt sich.
Er hat sie gewürgt und ihr ist schlagartig klar geworden, dass sie hier raus muss! Sie verlässt die gemeinsame Wohnung fluchtartig, mit nur wenigen Sachen. Er reagiert sofort. Das Schloss ist schnell ausgetauscht und sie kann nicht mehr alleine in die Wohnung. Er sitzt auf ihrem Eigentum und hat sie in der Hand. Als sie später mit Unterstützung von Freunden und der Polizei ihre Sachen holt, sind diese zum größten Teil kaputt. So, wie ihr Leben.
Kinder werden Teil des Machtspiels. Die mütterliche Liebe wird benutzt, um die Partnerin zu halten. Oder der Partner insziniert Auseinandersetzungen, in denen das Kind Scenen erlebt, in denen die Frau sich wehrt - also aggressiv erscheint. Das Kind verliert sein Vertrauen und wendet sich langsam ab. Es wird seiner Mutter nicht folgen, wenn diese gehen will. Kinder können aber auch der Antrieb sein, der stark genug sein lässt, um aus der Beziehung auszubrechen. Jugendämter leisten hier große Hilfe.
Falls Sie erste Anzeichen von Übergriffen, Manipulation und Grenzüberschreitung in Ihrer Beziehung wahrnehmen, dann ist das Missbrauch. Auch, wenn Sie noch nicht geschlagen worden sind. Nehmen
Sie professionelle Hilfe in Anspruch! Vielleicht ist es dann noch nicht zu spät, in getrennten Wohnungen die Beziehung neu zu gestalten. Ansonsten: Sie verdienen Sicherheit und Respekt.
Herrschsucht und Isolation sind kein Zeichen von Liebe!
Bleibt die Frage, was uns für Manipulation und Gewalt anfällig macht. Unverarbeitete Gewalterfahrung und emotionale Entbehrung in der Kindheit sind sicher wichtige Aspekte. Angst vor Einsamkeit lässt Menschen oft einen sehr hohen Leidensdruck ertragen. Wer schon als Kind erfahren hat, dass ihm keiner glaubt, der wird sich auch später schwer tun, um Hilfe zu bitten. Was uns schützt ist Achtsamkeit für unsere Grenzen und Gefühle. Und die Überzeugung, dass es viele Wege gibt, um ein glückliches Leben zu führen. Eine Beziehung in Angst ist keiner davon. Beziehungsberatung
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